MALEREI

Dr. des. Maria Lucia Weigel (Kunsthistorikerin, Heidelberg)

Passage aus der Eröffnungsrede vom 15.2.13 (Forum für Kunst, Heidelberg)

 

... "Das Bild ist eine Kettenreaktion, so beschreibt Mario Urlaß sein Vorgehen. Die Leinwand wird mit wenigen Formulierungen besetzt, dann stellen sich die Dinge nach und nach ein. Aus zahlreichen Schichten bauen sich die Werke auf. Mit schwarzer und weißer Tusche sind zoomorphe und vegetabile Formen gezeichnet, werden in mehreren Arbeitsgängen ausgewaschen und mit transparenten Papieren überlagert. Die Spuren des Zufalls kommen dabei der einmal festgelegten gestalterischen Ausrichtung zu Hilfe. Sie ahmen Vorgänge der Verwitterung nach, verleihen den Arbeiten ein scheinbar hohes Alter. Dies alles verknüpft sich thematisch mit dem Interesse des Künstlers für alte naturwissenschaftliche Abhandlungen, in denen Lebewesen beschrieben und damit systematisiert wurden. Im Rahmen dieser Assoziationsfelder finden sich Papiere mit alten Handschriften in den Bildern ein, und auch das motivische Repertoire speist sich aus Fauna und Flora, wie sie in gezeichneten wissenschaftlichen Abhandlungen in Erscheinung treten. Jenseits eines dort aufgerufenen Sinnzusammenhanges jedoch führen die Gebilde nun ein Eigenleben. Die Lebensformen sind vieldeutig, tauchen als Chiffren im Bild auf und werden gestalterisch aufs Genaueste ausponderiert. Das Geheimnis des Lebendigen bleibt auch in mikroskopischer Nahsicht ein Geheimnis und tritt uns in tausend Gestalten in den „Poemen zur Natur“ entgegen." ...

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Meine künstlerische Arbeit ist ein indirekter Kommentar zu Themen, die sich um Natur, Evolution, Individuum und Ursprung drehen. Der Zugriff auf stets neue Erkenntnisse der Naturwissenschaft, auf die damit stattfindende permanente Enträtselung der Welt, reizt mich zu Adaptionen und Transformationen von Entdecktem oder Gesehenem. Oft sind es biologische Illustrationen, naturwissenschaftliche Bilder und Texte, Naturfragmente, die Auslöser für künstlerische Äquivalente sind. Dabei zählt nicht die Richtigkeit oder Wiedererkennbarkeit der Darstellung, vielmehr der Anspruch, künstlerisch einem Stück Poesie oder dem Rest von Geheimnissen hinter dem Geklärten und wissenschaftlich Abgesicherten nachzuspüren. So wird Natur für mich zum Anlass künstlerischer Verschlüsselung, zu einem Spiel mit vorhandenen Beständen, das wiederum selbst eine mögliche Form von Natur simuliert.

                                                                                                   Mario Urlaß